Der Regierungsrat hat am Abstimmungssonntag die Abstimmung zur Transparenz-Initiative und dem Gegenvorschlag aufgrund von Unregelmässigkeiten bei der Auszählung durch die gemeindlichen Abstimmungsbüros für ungültig erklärt. Die Gründe, die zu diesem gewichtigen Entscheid geführt haben, legt er nun im Detail dar.
Gestaltung des Stimmzettels
Der Zuger Regierungsrat hat im Vorfeld der Abstimmung vom 9. Juni 2024 zur Verfassungsinitiative für ein sicheres, direktes und durchgehendes Veloverkehrsnetz im Kanton Zug und zur Verfassungsinitiative für die Offenlegung der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative) im April 2024 auf Wunsch der zwei grössten Zuger Einwohnergemeinden einer Neugestaltung des bereits im März verabschiedeten Stimmzettelbogens zugestimmt. Die Gemeinden hatten den Kanton darum gebeten, zwischen den einzelnen Fragen Perforierungen vorzunehmen, da dies für sie zu einer einfacheren Handhabung bei der Auszählung führen würde. Dies insbesondere in Bezug auf die Abstimmung zur Transparenz-Initiative, deren Gegenvorschlag und der Stichfrage. Die beiden Einwohnergemeinden begründeten ihr Anliegen damit, dass ohne entsprechende Perforierungen der Aufwand am Abstimmungssonntag kaum bewältigbar sei und die Auszählungen entsprechend länger dauern würden. Nach Prüfung des Anliegens der Gemeinden veranlasste der Kanton eine Neugestaltung des Stimmzettelbogens: Die von den Gemeinden gewünschten Perforierungen wurden angebracht. Gleichzeitig ist die farbliche Gestaltung so angepasst worden, dass erkennbar war, dass es sich um zwei verschiedene Vorlagen handelt. Zudem wurde auf dem Stimmzettelbogen der Hinweis angebracht, dass die einzelnen Stimmzettel nicht voneinander zu trennen seien. Auch dies erfolgte auf Wunsch der Gemeinden. Schliesslich sollte die Trennung im Hinblick auf die für die Gemeinden einfachere Handhabung in den Abstimmungsbüros durch die Stimmenzählenden erfolgen.
Gegen diesen den Stimmberechtigten zugestellten Stimmzettel wurde keine Stimmrechtsbeschwerde erhoben.
Schriftliche Instruktionen
Um sicherzustellen, dass sowohl für die Stimmbevölkerung wie auch für die gemeindlichen Stimmbüros klar ist, wie korrekt abgestimmt bzw. ausgezählt wird, haben die zuständigen kantonalen Behörden (das kantonale Stimmbüro und die Wahl- und Abstimmungsaufsicht) entsprechende Instruktionen erteilt. Einerseits wurde mit den Abstimmungsunterlagen ein Beiblatt an die Zuger Haushalte verschickt. Die Stimmbevölkerung wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass sämtliche Stimmzettel in das grüne Stimmzettelcouvert eingelegt werden müssen und dass die Stimmzettel nicht voneinander abgetrennt werden sollten. Andererseits wurden den Einwohnergemeinden ein Schreiben in Bezug auf die Beurteilung der Gültigkeit von Stimmzetteln beim Urnengang vom 9. Juni 2024 sowie eine Information zur Erfassung der Stimmzettel der Variantenabstimmung zugestellt. Der Kanton hat darauf hingewiesen, dass die Teilstimmzettel zur Vorlage betreffend Transparenz-Initiative und Gegenvorschlag zusammen in rechtlicher Hinsicht aufgrund von Vorgaben des kantonalen Wahl- und Abstimmungsgesetzes einen Stimmzettel bilden. Er hat darauf hingewiesen, dass ein Fehlen eines oder zweier Teilstimmzettel zur Ungültigkeit des ganzen Stimmzettels bzw. zur Ungültigkeit der gesamten Stimmabgabe in Bezug auf jene Vorlage führen würde und diese Stimmabgaben somit nicht berücksichtigt würden.
Unregelmässigkeiten früh erkannt
Am Abstimmungssonntag bemerkte das kantonale Stimmbüro bereits vor Vorliegen des Abstimmungsresultats, dass die Instruktionen der kantonalen Behörden von einigen Einwohnergemeinden nicht korrekt umgesetzt wurden. Nach der Auszählung und Meldung der Ergebnisse der Einwohnergemeinden an den Kanton stand fest, dass vier der elf Einwohnergemeinden die Handhabung korrekt umgesetzt hatten. Bei drei Einwohnergemeinden zeigten sich geringfügige Abweichungen. Bei den restlichen Einwohnergemeinden traten beträchtlichere Abweichungen auf. Es wurden insbesondere einzelne, abgetrennte Stimmzettel, die von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern ins Stimmcouvert gelegt worden waren beim Öffnen des Stimmzettelcouverts mitgezählt, obwohl sich nicht alle Teilstimmzettel im Couvert befanden.
Nachträglich liess sich nicht mehr eruieren, welche Stimmbürgerinnen und Stimmbürger alle drei Teilstimmzettel korrekt ausgefüllt und zurückgeschickt hatten und welche nicht. Das bedeutet, dass eine nicht bezifferbare Anzahl ungültiger Stimmen mitgezählt worden ist. Daher hätte auch eine Nachzählung diesen Fehler bei der Auszählung nicht mehr korrigieren können. Der entscheidende Moment – das Öffnen der Stimmzettelcouverts und die damit einhergehende Prüfung auf Vollständigkeit bzw. Vorliegen sämtlicher Teilstimmzettel – liess und lässt sich im Nachhinein nicht rekonstruieren. Diese Umstände führten schliesslich zum sofortigen Entscheid des Regierungsrats, die Abstimmung für ungültig zu erklären.
Ein Abstimmungsergebnis, bei welchem eine nicht bezifferbare Anzahl ungültiger Stimmen mitgezählt wird, steht dem Anspruch auf einen korrekt ermittelten Abstimmungsausgang entgegen. Dem Regierungsrat steht kein gesetzlicher Spielraum offen, sich bei festgestellten Ungenauigkeiten nach eigenem Ermessen über diese Differenzen hinwegzusetzen. Daher wollte und konnte der Regierungsrat diese Unregelmässigkeit nicht einfach ignorieren. Ein solches Vorgehen hätte die Glaubwürdigkeit in künftige demokratische Prozesse empfindlich geschmälert und unter Umständen zu einem latenten Misstrauen der Bevölkerung in Bezug auf die Ermittlung von Wahl- und Abstimmungsergebnissen geführt.
Abstimmungsprotokolle werden publiziert
Der Zuger Regierungsrat will die Öffentlichkeit zwecks Nachvollziehbarkeit transparent über sämtliche Umstände und Ereignisse informieren. Er hat daher entschieden, die Abstimmungsprotokolle zu Verfassungsinitiative, Gegenvorschlag und Stichfrage zu veröffentlichen. Den Protokollen kann entnommen werden, dass der Entscheid der Bevölkerung zugunsten des Gegenvorschlags ausgefallen wäre.
Fazit
«Der Regierungsrat bedauert, dass die von den Gemeinden zu deren Entlastung gewünschten gestalterischen Anpassungen des Stimmzettels nun dazu geführt haben, dass die Abstimmung für ungültig erklärt werden musste», so Statthalter Andreas Hostettler.
Die Abstimmung wird am 22. September 2024 wiederholt.